Freitag, 10. März 2017

Libanon

Ich war gespannt darauf in den Libanon zu reisen, da das Land so spannend klingt. Und das war es auch.
Fuer mich ist es ein Land voller Gegensaetze und Vielfaeltigkeit. So viele Kontraste nebeneinandergestellt. In Beirut kommen mir warme Sonne und Meer mit Blick auf Schneeberge entgegen. Moscheen, Kirchen und Synagogen nebeneinander. Reiche, schoene Neubauten gegenueber alten roemischen Tempelruinen und vom Krieg kaputter, heruntergekommener Haeuser. Religiositaet gegenueber Unmoral und Partyleben. Religion scheint mir mehr Identitaet als Glaube zu sein.
Und der Krieg ist nicht allzu lange her. Die Spannungen und das Misstrauen spuert man noch. Viele Religionen, Familienclans, politische Bewegungen und Voelkergruppen, die sich alle gegenseitig misstrauen. Im Sueden werde ich vor Hisbollah gewarnt. Im Norden vor versteckter Al-Qaida. Christen warnen vor Muslimen, Libanesen vor Syrern. Jeder ist wachsam. Jeder hat eine Waffe. Alles ist ungeregelt und in jeder Ecke herrschen eigene Gesetze. Jeder Clan hat sein eigenes Regierungsgebiet.
Aber selbst ohne Begegnungen kann man all das in der Atmosphaere spueren. Es liegt eine Schwere in der Luft. Eine ungewohnte Ruhe trotz der vielen Menschen, die alle ihrem Treiben nachgehen. Wenig Leichtigkeit und Lachen.

Moschee, Kirche und roemische Tempelruinen

Gasse in einem christlichen Viertel

Manoush Baeckerei - Teig ueberbacken mit Kaese
Auch den Locals sind die Selfies wichtig

Nichts desto trotz hab ich mich direkt wohl gefuehlt als ich angekommen bin. Voellig gespannt was dieses Land bringen wird. Fast abwechselnd treffe ich aufrichtig freundliche und hilfsbereite Menschen und solche, die mindestens einen Kuss dafuer einfordern wollen.
Der Souk in Sidon ist interessant. Offene Katakomben. So ruhig. Aus einer Nische hoere ich Musik. Ein Schreiner baut Stuehle zusammen. Ich schau ihm eine Weile zu. Er laedt mich zum Kaffee ein und er erzaehlt mir in gebrochenem Deutsch dass er vor 30 Jahren fuer lange Zeit in Deutschland war. Jetzt ist er wieder in seiner Heimat. 

Der Schreiner und sein Freund der Arabischlehrer
auf dem Markt
Baeckerei
Es ist schon dunkel als ich weiter trampe. Ein Palaestinenser nimmt mich mit. Die habens schwer. Sind schon eine Generation hier aber bekommen keine Staatsangehoerigkeit. Arbeit finden ist nicht leicht. Aber die syrischen Fluechtlinge haben es noch schwerer. Dann tippt er auf seinen Kopf, grinst und sagt dabei: „If it is beautiful here, everything is beautiful.“ Er will mir helfen die naechste Fahrt zu finden. Gibt den anderen Autos Lichthupe, aber reagiert nicht als er sieht, dass eine Frau mit im Auto sitzt. Er gibt mir den Tipp: „Only go with men. If there is wife in the car, it is problem.” Ich kannte diesen Rat bisher nur anders rum. 

In Cana nimmt mich Basam mit, zeigt mir den historischen Ort des ersten Wunder Jesu: „This is where Jesus take water and make Whiskey and Beer.“ Naja es geht ja um das Wunder. Er will mir den Ort zeigen, wo er als Hobbyarcheologe viel Spass hat und schon viele alte Muenzen gefunden hat.
Wir fahren bis zur Israelischen Grenze. Man sieht dort UNO Zelte. Ich denke ich brauche eine Genehmigung fuer die Grenzregion, aber Basam meinte: „No Problem.“

In Jezzine nimmt mich Abdullah mit zu seiner Familie. Ich bin nicht lange dort, sondern werde in eine leere Wohnung gebracht. Abdullah erklaert mir: „Because of Hizbollah. If they know you are here, it is not good.”  Ich war mir nicht sicher fuer wen es nicht gut ist, aber will niemanden durch meine Anwesenheit in Schwierigkeiten bringen. Er und sein Freund beraten den Abend was sie mit mir machen, bringen mich aber auf jeden Fall an mein Ziel und letztendlich sehr viel weiter als gedacht und gewollt, weil sie es nicht uebers Herz gebracht hatten mich im Hisbollahgebiet an der Strasse auszusetzen. 
Wasserfall in Jezzine
mehr roemische Ruinen
Auch in Zahle wird es spaet. Ich esse leckere Falafel in Elis Restaurant und frage ihn nach einer billigen Unterkunft. Aber da es die nicht gibt nimmt er mich letztendlich zu sich mit, nachdem ich zugesichert habe, dass er meinen Rucksack durchschauen kann und ich Christ bin. Seine Schwester und er sind erst etwas misstrauisch aber dann ungemein freundlich und herzlich. Ein schoener Abend.

In Baalbek stehen wunderschoene gut erhaltene roemische Tempelruinen. Es kommen wohl nicht viel Touristen, denn Guides und Aufseher ziehen mich zum warmen Ofen und wollen mich nicht mehr gehen lassen. Es ist schoen zu sehen wie sehr sie es geniessen Touristen zu sehen. Und wie herzlich die Menschen hier sind, in diesem "gefaehrlichen" Gebiet der Muslime. Mein Couchsurfer nimmt mich mit zu seinem Familienclan. Ein Dorf umgeben von Bergen.  Ich uebernachte im Baumhaus und ueberblicke das Tal. Hier hat wohl jeder eine Waffe und ich darf auf Flaschen, die im Schnee stecken, schiessen. Und wenn ich in Schwierigkeiten komme soll ich von nun sagen dass ich ein Freund dieses Familien-Clans bin. Und tatsaechlich stelle ich fest, dass dies bei anderen eine gewisse Reaktion hervorbringt.

Jupiter Tempel

ein Blick vom Baumhaus in das Tal
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Byblos, eine der aeltesten Staedte der Welt, ist eine wunderschoene Stadt und fuer mich der einzige Ort an dem ich diese schwere Atmosphaere nicht gespuert habe. Mit meinem Couchsurfer und seinen Freunden geniesse ich einen Abend mit Menschen die sich auch fuer mich wie gute Freunde anfuehlen.
Hafen in Byblos
Um meine Naturliebe zu stillen geht es durch die Schneeberge bis sich eine unglaublich beeindruckende Schlucht auftut - das Quadisha Valley mit vielen Kloestern und einem Wald libanesischer Zedern. Wunderschoen zum Durchwandern und Durchatmen.

Qadisha Valley
 

3-stoeckiger Wasserfall
 
Ich wuensche diesem wunderschoenen Land, dass es lernt das Misstrauen und die Konflikte beiseite zu legen. Und dass es die Kontraste und Unterschiede wertschaetzt und sich daran erfreuen kann.



 A google-translated english version:


Lebanon is as exciting as it sounds. For me it is a country full of opposites and diversity. So many contrasts side by side. In Beirut I can feel the warm sun and sea with a view of the snow mountains. Mosques, churches and synagogues. Rich, beautiful new buildings next to old Roman temple ruins and decayed or broken houses. Religiosity opposed to immorality and party life. Religion seems to be identity rather than faith.
And the war was not too long ago. The tensions and distrust can still be felt. Many religions, family clans, political movements and peoples, all of whom distrust each other. In the south I get warned of Hizbollah. In the north of hidden al-Qaeda. Christians are warning of Muslims and Lebanese warn of Syrians. Everyone is alert. Everyone has a weapon. Everything is unregulated, and every corner has its own laws. Each clan has its own government.
But even without encounters one can feel all this tension in the atmosphere. There is heaviness in the air. An unusual calmness despite the many people, who all pursue their hustle and bustle. Little lightness and laughter.

Nevertheless, I immediately felt comfortable when I arrived. Wondering what this country will bring. Alternating I meet sincerely friendly and hospitable people and then those who ask for at least a kiss in return.
The Souk in Sidon is interesting. Open catacombs. So calm. From a niche I listen to music. A carpenter builds chairs. I watch him for a while. He invited me to the coffee and he told me in broken German that he was 30 years ago for a long time in Germany. Now he is back in his homeland.
It is already dark as I continue to hitchhike. A Palaestinian takes me along. They have a hard time. They are here for a generation but can’t get nationality. Finding work is not easy. But the Syrian refugees have even more trouble. Then he taps on his head, smiles, and says, "If it is beautiful here, everything is beautiful." He wants to help me find the next ride. He flashes light to other cars, but does not react as he sees a woman sitting in the car. He gives me the advice: "Only go with men. If there is wife in the car, it is problem". So far I knew this advice the other way round.
In Cana Basam takes me along, shows me the historical place of the first miracle of Jesus: "This is where Jesus take water and make Whiskey and Beer." Well, it's about the miracle.
He wants to show me the place where he enjoys being a hobby archeologist and where he already found many old coins.
We drive to the Israeli border.
You can see UN tents there. I think I need permission for the border region, but Basam said "No Problem."
In Jezzine, Abdullah takes me to his family. I'm not there for long, but I'm taken to an empty apartment. Abdullah explaines: "Because of Hizbollah. If they know you are here, It is not good." I was not sure for whom it is not good, but I do not want to put anyone in trouble because of my presence. He and his friend try figuring out how to help me best, but they definitely bring me to my destination and even further than I thought and wanted, because they did not have the heart to drop me in Hizbollah area.
It got late in Zahle. I eat delicious falafel in Eli’s restaurant and ask him for a cheap place to stay. But since there isn’t one, he takes me with him, after being assured that he can check my backpack and that I am a Christian. Him and his sister are a bit suspicious at first but then extremely friendly and cordial. A nice evening.
In Baalbek are beautiful, well preserved Roman temple ruins. There are probably not much tourists, because guides and guards pull me to the warm stove and do not want to let me go anymore. It is nice to see how much they enjoy to see tourists. And how friendly the people here are, in this "dangerous" area of ​​the Muslims. My Couchsurfer takes me to his family clan. A village surrounded by mountains. I sleep in a tree house overlooking the valley. Here everyone has a gun and I’m allowed to shoot on bottles in the snow. And if I have difficulties they advice me to say that I am a friend of theit family clan. And in fact, it utters a certain reaction.
Byblos, one of the oldest cities in the world, is a beautiful town and for me the only place where I have not experienced this heavy atmosphere. With my Couchsurfer and his friends I enjoy an evening with people who feel like good friends to me too.
To quench my love of nature, I’m passing through the snowy mountains until reaching an incredibly impressive canyon - the Quadisha Valley with many monasteries and a forest of Lebanese cedars. Beautiful to take a walk and a deep breath.
I wish this beautiful country that it learns to put the distrust and the conflicts aside. And that it can appreciate the contrasts and differences and enjoy it.
 


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